Elektrifiziertes Löschfahrzeug Rosenbauer RT: Wasser und Strom marsch! | STERN.de

2022-03-18 06:44:11 By : Ms. Judy Xin

Bei dem Kürzel "eLHF" galoppiert im Geiste die kryptische Bezeichnungswut des deutschen Amtsschimmels durch die meisten Hirne. Diese Abkürzung steht für "Elektrisches Lösch- und Hilfeleistungsfahrzeug", das bereits seit einem Jahr probeweise bei der Berliner Feuerwehr im Einsatz ist. Auch die Brandweer Amsterdam und an die Dubai Civil Defence nutzen das weltweit erste elektrifizierte Löschfahrzeug. Damit die Helfer auch schnell zum Einsatzort kommen, treiben zwei Elektromotoren mit einer Systemleistung von maximal 360 kW / 490 PS das tonnenschwere Fahrzeug an. Damit der Feuerwehr auch bergauf nicht die Luft ausgeht, haben die Techniker des österreichischen Herstellers Rosenbauer ein Zweiganggetriebe installiert. Damit erreicht das eLHF eine Beschleunigung, wie man sie sonst nur von den 735 kW / 1.000 PS starken Löschfahrzeugen der Flughafen-Feuerwehr kennt.

Zwei Batterien mit einer Kapazität von jeweils 50 Kilowattstunden sorgen für eine rein elektrische Reichweite von rund 100 Kilometern. Aufgrund der maximalen Ladeleistung von 150 kW wächst der Ladestand der Akkus laut Rosenbauer nach etwa 15 Minuten von 50 auf 80 Prozent. Damit ist das Fahrzeug schnell wieder einsatzbereit. Klingt ja alles wunderbar, aber Elektromobilität, wenn es um Leib und Leben geht? Was tun, wenn das Kaufhaus des Westens in Flammen steht und die Akkus leer sind? So schnell schießen auch diese Preußen nicht. Denn das "eLHF" hat einen Range Extender, der mit einem 200 kW / 272 PS starken Sechszylinder-Dieselmotor betrieben wird. 130 Liter passen in den Tank, aber der wird nur selten benötigt. Laut der Berliner Feuerwehr hat der das eLHF im Einsatzbetrieb auf der Feuerwache Mitte wurden im lediglich acht Liter Dieselkraftstoff verbraucht.

Da muss man ja eher aufpassen, dass der Sprit nicht altert. Auch bei niedrigeren Temperaturen ist das Elektro-Antrieb offenbar standfest: Zwischen dem ersten Februar 2021 und dem 24. Mai 2021 erfolgten 99,5 Prozent der Einsätze rein elektrisch. Bei längeren Einsätzen kann die Unterstützung des Verbrennungsmotors hilfreich sein, da er bei Bedarf auch Löschwasserpumpen betreiben kann. Nach Angaben der Berliner Feuerwehr ist ein elektrischer Betrieb an der Einsatzstelle zwischen 60 bis 90 Minuten möglich, der dieselelektrische Betrieb reicht für rund vier Stunden.

Die Feuerwehrmänner müssen bei dem Fahrzeug, das in der deutschen Hauptstadt erprobt wird, keinerlei Kompromisse eingehen. An Bord sind eine Feuerlöschkreiselpumpe und eine Druckluftschaumanlage. Der Löschwassertank fasst 1.200 Liter und beim Schaummittel sind 100 Liter dabei. Dazu kommen ein integrierter Lichtmast, eine vierteilige Steckleiter und eine dreiteilige Schiebleiter. Das eLHF hat sieben Sitzplätze. Das Fazit der Profi-Tester fällt überwiegend positiv aus. Bei einer Umfrage der Feuerwache Mitte vergaben die Mitarbeiter auf die Frage "Wie ist dein Gesamteindruck vom eLHF?" vier von fünf Sternen. "Einschränkungen im technischen Einsatzwert im Vergleich zu den konventionellen Löschfahrzeugen der Berliner Feuerwehr haben sich bisher nicht ergeben", fasst die Berliner Feuerwehr zusammen. Allerdings dauern die Tests noch an und die eine oder andere Verbesserungen werden noch in das Serienmodell einfließen.

Nichtsdestotrotz ist das schon ein sehr gutes Zwischenzeugnis, das die Profis dem Einsatzfahrzeug ausstellen. Drei Jahre haben die Rosenbauer-Spezialisten den RT (Revolutionary Technology / so heißt das Basis-Fahrzeug) entwickelt. Vor allem die Wendigkeit im Stadtverkehr und die agileren Fahreigenschaften zeichnen das Vehikel aus. Der RT verfügt über ein Niederflur-Chassis mit Kernrohrrahmen, bei dem die rund 550 kg schwere Traktionsbatterie zwischen den beiden Achsen verbaut ist. Wie bei einem Pkw zahlt sich dieser tiefe Schwerpunkt bei schnellen Richtungswechseln aus, und die sind nötig, wenn jede Sekunde zählt. Damit sich die Feuerwehr auch durch die engen Straßen einer Metropole schlängeln kann, ist der RT lediglich 2,35 Meter breit und bei einem Radstand von 3,80 Metern nur 7,30 Meter lang. Alternativ bietet Rosenbauer auch Versionen mit Radständen von 4,10 Metern und 4,40 Metern an. Auch bei den Löschmitteltanks ist eine Steigerung zum Berliner Fahrzeug möglich: Beim Wasser sind bis zu 4.000 Liter möglich, beim Schaumtank bis zu 400 Liter.

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